Focusing

… dem Fluss des eigenen Erlebens folgen, nach innen spüren und achtsam werden für die Weisheit des Körpers…
… dem schon Gespürten, aber noch nicht klar Gewussten Aufmerksamkeit schenken…
…. Bedeutungen, die aus dieser Art von Achtsamkeit entstehen ernstnehmen, sich davon leiten lassen im Umgang mit sich selbst, mit anderen, mit den Anforderungen des Alltags…

Was ist Focusing?

Diese Sätze geben einen ersten Eindruck, worum  es geht, wenn wir Focusing anwenden, eine Methode zur Selbsthilfe und Unterstützung des persönlichen Wachstums, die der Philosoph und Psychotherapeut Eugene T. Gendlin entwickelt hat. Gendlin fand heraus, dass genau diese Art von Selbstaufmerksamkeit, den Unterschied zwischen gelungenen  therapeutischen Veränderungsprozessen und erfolglosen Therapien ausmacht. Sein Anliegen war es, dieses Selbst-Aufmerksamsein und die (Veränderungs-)Prozesse,  die daraus entstehen, für jeden Menschen lehr- und lernbar zu machen.

Die Anwendung von Focusing kann jedoch auch weit über den therapeutischen  Bereich hinaus bedeutsam sein, in Entscheidungsprozessen, beim Lösen von Problemen, beim kreativen Schaffen, beim Philosophieren: Überall  da, wo es sinnvoll ist, einen nächsten Schritt von innen heraus zu finden.

Focusing in der Psychotherapie

Mittlerweile gilt es in der Psychotherapieforschung  als gesicherte Erkenntnis, dass bewusst erfahrenes Erleben (Experiencing), ein unabdingbarer Bestandteil wirksamer Psychotherapie ist. Focusing ist ein Werkzeug für TherapeutInnen, gezielt immer wieder im Laufe therapeutischer Prozesse den inneren Wahrnehmungsraum (im Focusing wird er „felt sense“ genannt) aufzusuchen, der den Zugang zur eigenen Erfahrung ermöglicht. Darüberhinaus bietet Focusing den BegleiterInnen von Erlebensprozessen konkrete Anleitungen, wie KlientInnen dabei unterstützt werden können, mit der Aufmerksamkeit an diesem „Ort“ zu verweilen.

Zudem wurde in verschiedenen Ländern weltweit von MitarbeiterInnen und SchülerInnen Eugene Gendlins, das ursprüngliche Focusing zu einer focusing-orientierten Psychotherapie, bzw. einer Focusing-Therapie  weiterentwickelt. Diese Ansätze stellen keine neuen therapeutischen Methoden zur Verfügung, sondern lehren, wie jede Art therapeutischen Handelns in der Haltung einer von innerer Achtsamkeit geprägten Zentrierung durchgeführt werden kann. Sie stehen dabei  in der Tradition person- und prozessorientierter humanistischer Therapien.

Focusing und Transpersonale Psychologie

Auch wenn Focusing kein eigenes Konzept für Transpersonale  Psychologie und Psychotherapie zur Verfügung stellt, so wird hier doch eine sehr zentrale Praxis des Zugangs zu transpersonalen Phänomenen thematisiert und umfassend gelehrt: die Praxis der erlebnisorientierten Achtsamkeit. Im Focusing wird diese Praxis nicht als Meditationspraxis verstanden, sondern als ein „Fahrzeug“, das in alltäglichen Lebensbezügen  unmittelbar eingesetzt werden kann und bei konsequenter Anwendung zu einer neuen Art des Umgangs mit sich selbst und den täglichen Herausforderungen  führt. Für Personen, die irgendeine Art übender spiritueller  Bewusstseinsarbeit regelmäßig durchführen, kann Focusing eine sehr hilfreiche Ergänzung sein, um das in Stille und absichtsloser Hingabe Geübte, in eine alltägliche Lebenspraxis zu integrieren.

Für die Transpersonale Psychotherapie ist (nach meinem Verständnis) alles, was im Rahmen focusing-orientierter Therapieausbildung gelehrt wird, unmittelbar relevant. Sowohl die Grundsätze zum inneren und äußeren „Freiraum-Schaffen“, als auch die Grundhaltungen in der Zentrierung des Therapeuten (Absichtslosigkeit, Achtsamkeit, Akzeptanz) stellen unabdingbare Voraussetzungen dafür da, dass transpersonale Phänomene in der Therapie hervorkommen dürfen und angemessen thematisiert werden können.

Link zum Focusing-Institut, New York, TFI

 

Ausgewählte Literatur:

  • Gallen, M.-A.: Therapie, die berührt: Das Focusing. Körperlich den Sinn fühlen, »the felt sense«. In: connection-spirit 1,2/15    → PDF-DOWNLOAD
  • Gallen, M.-A.: Die Wandlung der Persönlichkeit. Der Mensch im Wandel – Focusing. In: connection-spirit 12/09  → PDF-DOWNLOAD
  • Gallen, M.A.: Der innere Zeuge. Rollenspiele und ihre Auflösung mit Hilfe von Charakter-Typologien. In: Connection-spirit, Mai 2009.  → PDF-DOWNLOAD
  • Gallen, M.A.: Die Dimension der Liebe – das Herz im Focusing. In: Focusing-Journal 20/2008. → PDF-DOWNLOAD
  • Gallen, M.A.: Entwurf einer focusing-orientierten Diagnostik. In: Focusing-Journal 16/2006. → PDF-DOWNLOAD
  • Gendlin, E.T.: Ein Prozess-Modell: Körper · Sprache · Erleben, Hrsg. und übersetzt von Donata Schoeller und Christiane Geiser. Alber, Freiburg im Breisgau / München 2015
  • Gendlin, E.T.: Focusing. Selbsthilfe bei der Lösung persönlicher Probleme. rororo Sachbuch 60521, 1998.
  • Gendlin, E.T.: Focusing-orientierte Psychotherapie. Pfeiffer, München, 1997.
  • Gendlin, E.T. & Wiltschko, J.: Focusing in der Praxis. Pfeiffer, Stuttgart, 1999.
  • Renn, K.: Dein Körper sagt dir, wer du werden kannst; HERDER spektrum 2006. Gibt es auch als Hörbuch unter www.secret-friend.de
  • Weiser Cornell, A.: Focusing – Der Stimme des Körpers folgen. rororo Sachbuch 60353, 1997.
  • Wiltschko, J.: Anfänger-Geist. Hinführungen zur Focusing-Therapie I. Focusing Bibliothek Bd 1. Würzburg, 1993.